22.11.2009

Samstag

Ich saß beim Friseur, dieses schwarzes Cape um, Haare nass nach oben gesteckt, damit sie die unteren schneiden kann, dabei soll ich nach unten schauen und alles was ich im Spiegel sah ist ein riesiges Doppel-Trippel-Kinn: meins! Genau in dem Moment, kommt ein sehr attraktiver Mann. Will, natürlich, welche Überraschung, die Haare geschnitten haben, setzte sich in denStuhl neben mich und grüßte mir im Spiegel zu. Es gibt nichts, was mich in dieser Situation irgendwie optisch aufwerten könnte. Ich versuchte es gar nicht und grüßte einfach nur zurück.
Als ich Kind war, ging meine Oma aller 14 Tage zu ihrem Friseur. Wenn ich also nach Hause kam und keiner öffnete ging ich die Straße vor und suchte dort nach meiner Oma. Von außen war nichts zu sehen, denn es waren Milchglasscheiben, die die Kunden von der Außenwelt abschirmten. Wurde die verglaste Ladentür mit dem goldenen gebogenen Griff aufgedrückt, war man beim Herrenfriseur. Wo ein kleiner, dicker Friseur mit Halbglatze im weißen Kittel in diesem holzvertäfelten Raum auf seine Kunden wartet. Vor jedem der 4 Plätze stand genau ein Spiegel. Die Stühle waren aus Holz, mit grünem kalten Leder bezogen, höhenverstellbar und drehbar, was ich aus der Ferne bewunderte. Hinten an den Stühlen hing jeweils ein Lederriemen vielleicht zum abziehen vom Rasiermesser, ich weiß es nicht. Der Raum hätte sich auch in jedem italienischem Mafiafilm gut gemacht. Es roch überall frisch nach Shampoo und Haarspray, trotzdem sah man keine Frau, nirgends. Dafür müsste man nach rechts zum Empfang gehen, wo eine Dame zwischen Registrierkasse, Kundenbuch und Haarwaschbecken stand. Und wenn ich nach meiner Oma fragte, sagte sie dann: "Frau Mauch ist in Kabine Nummer 2." Denn hinter ihr war ein langer Gang zu sehen, von dem rechts und links Kabinen abgingen, die mit einem Vorhang verschlossen waren. Dahinter wurden meiner Oma, völlig ungesehen, die Haare ondoliert.
Kein Mann hat meine Oma mit nassen hochgesteckten Haaren, unvorteilhaften Cape und Doppelkinn gesehen.

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