27.11.2009

Freitag

Karl, ist jetzt ein Jahr tot. Er war meine längste Beziehung. 19 Jahre. Ich nicht seine einzige, er hatte noch einseitige Liebschaften mit dem Sofakissen, dem Staubwedel und der Elster die immer auf der Terrasse landete. Er versuchte uns alle in seinen Käfig zu balzen. Die Balzmißerfolge nagten nicht an seinem immensen Selbstbewußtsein. Karl, auch genannt El Terroriste, war die Reninkarnation eines Diktators. Laut, bestimmend, autoritär, kämpferisch, totalitär und der Inbegriff von fordernd. Fremde Stimmen, selbst die am Telefon, wurden durch Übertönen mundtot gemacht. Fernsehen mitten in der Nacht im Wohnzimmer, wo Karls Käfig hing, duldete er nicht. Sein Duschwasser in der Spüle mußte kalt sein und der Strahl nicht zu stark. Wann er duschen wollte, bestimmte er. Sobald der Hund das Haus verließ, forderte Karl seine Flug- und Duschzeit ein. Das alles tat er mit lautem Gekreische. Wenn ich nach Hause kam, mußte ich als erstes etwas sagen, damit er wußte das ich es bin, sonst, wie immer ,Gekreische. Alles was sich seinem Käfig näherte wurde mit Hacken bekämpft. Er versuchte meine Brille zu zernagen, fraß Löcher in die Pullover, zernagte Ketten, zerstörte Buchrücken und schiß überall hin. Karl war laut, anstrengend und machte Dreck. Aber er fehlt mir immernoch, weil er das ernst meinte mit dem Balzen, den Kopf schief legte wenn ich mit ihm sprach, handzahm war und nichts mehr liebte, als wenn ich ihn am Nacken oder zwischen den Flügeln kraulte.

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